Militärgeschichte: Die katholische Kirche im Kriegsgefangenenlager auf der Güstrower Bockhorst 1914-1919






Die katholische Kirche im Kriegsgefangenenlager auf der Güstrower Bockhorst 1914-1919

 

 


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Am Tag der Mobilmachung dem 2. August 1914 ging auf allen Telegrafenstationen gegen 18.30 Uhr der Mobilmachungsbefehl aus Berlin ein. Dieser Befehl war sofort ortsüblich bekannt zu machen. Den ganzen Tag warteten bereits viele auf die letzte Entscheidung, wird es Krieg geben oder nicht. Nun war es also passiert. Die städtische Kapelle konzertierte auf dem Marktplatz und patriotische Lieder ertönten. Der Erste Staatsanwalt Krüger hielt vom Balkon des Rathauses eine Ansprache und Menschen marschierten begeistert zum Kriegerdenkmal auf die Wallanlage.
Schon bald darauf mussten die ersten Güstrower Abschied von Frau, Kindern, Eltern und Freunden nehmen. Sie hatten sich schnellstmöglich in den Garnisonen in Rostock, Schwerin oder Wismar zu melden. Überall zogen die deutschen Truppen unter dem Jubel der Bevölkerung und dem Läuten der Glocken zum Kampf aus. Diese Begeisterung wurde durchaus auch von kirchlicher Seite geteilt. Obwohl die katholische Kirche wegen ihres globalen Charakters stets Distanz zum Nationalismus des 19. Jahrhunderts gehalten hatte, traten besonders am Anfang des Weltkrieges Bischöfe, Priester und Gläubige an die Seite derer, die den Krieg begrüßten.
Ihre zum Teil "flammenden" Kriegspredigten dienten unzweifelhaft mit dazu – allen Sorgen zum Trotz –, die Menschen für diesen Waffengang zu gewinnen, der ihnen "von der von Gottes Gnaden eingesetzten Obrigkeit" abverlangt wurde.


In katholischen Kreisen begann 1915 bereits ein erstes vorsichtiges Umdenken. Immerhin sprach der Weihischof von Rottenburg Johannes Baptista Sproll vom Krieg erstmals von einem "Massensterben" und von einem "mit allen Mitteln der Kunst und der Wissenschaft geförderten und beschleunigten Völkermord" (1). Doch noch war dies nur eine schwache Stimme in Deutschland.
Ganz im Gegensatz zum nationalen Denken in Deutschland war Papst Benedikt XV. ein unermüdlicher Mahner gegen diesen Krieg. Er verzichtete zwar auf Schuldzuweisungen, nannte den Krieg aber eine "grauenhaft nutzlose Schlächtereiä. Schon in seiner Antrittsenzyklika im November 1914 rief er die Regierenden zu einem Verhandlungsfrieden auf. Die päpstlichen Bemühungen blieben jedoch erfolglos, auch sein letzter Appell vom 1. August 1917, in dem er alle Krieg führenden Mächte nochmals zu Friedensverhandlungen aufrief und sich als neutraler Vermittler anbot (2).
Auf diplomatischem Weg gescheitert, hat er allerdings den Aufbau eines Netzwerks humanitärer Hilfe erreicht, um insbesondere die Kriegsgefangen zu unterstützen. So war beispielsweise ein Ordensmann aus der Schweiz in Europa unterwegs, um die Versorgung der Gefangenen mit Nahrung und Medizin, aber auch den Austausch von Kriegsgefangenen zu befördern (3).





"Es war der Hauch des Todes, den ich spürte. Die Leute sagen, er sei eisig. Aber er ist heiß." (4)




Gleich in den ersten Wochen des Krieges wurde 1914 bereits begonnen auf der Bockhorst bei Güstrow ein Kriegsgefangenenlager anzulegen (5), welches noch bis zum 31. Mai 1921 bestand.
Die Seelsorge der Kriegsgefangenen oblag in den ersten Monaten den Zivilgeistlichen der zuständigen katholischen Gemeinde in Rostock und bot besondere Schwierigkeiten dadurch, dass die Entfernung von Rostock mit 40 km recht weit war.
Die Gefangenen waren anfangs in großen Zelten untergebracht, in denen auch einmal Gottesdienst mit Gelegenheit zum Sakramentenempfang abgehalten wurde. Die Zustände müssen in der Anfangszeit 1914/15 jedoch katastrophal gewesen sein, die Gefangenen beschrieben es als einen "schrecklichen Ort" und in russischen Quellen wird es zusammen mit Hammerstein als das grausamte Lager dieser Zeit angegeben (6).


Ansicht um 1915  Ansicht der Barackenkirche um 1916  Ansicht um 1918

Abb. 1. Ansichten des Lagers im Wandel der Zeit

Im Lager waren die Zelte dann durch Holzbaracken ersetzt, von denen eine 20 x 10 m große Baracke als katholische Kirche diente. Die Gefangenen selbst bauten auf eigene Kosten auf der Baracke ein Türmchen, für das der Bonifatius-Verein eine Glocke (7) leihweise zur Verfügung stellte. Nun wurde im Lager der "Angelus" (8) geläutet und die Gefangenen hatten "den eucharistischen Heiland in ihrer Mitte" (9).

Ansicht der Barackenkirche um 1916  Ansicht der Barackenkirche um 1917  Ansicht der Barackenkirche um 1917

Abb. 2. Ansichten der katholischen Barackenkirche von Außen

Einmal fand im Lager auch eine Taufe statt. Ein französischer Kriegsgefangener - ein Bankbeamter - hatte während der Schlacht gelobt, sich taufen zu lassen, wenn er lebend aus dem Kampf herauskäme.
" Allerheiligen [1.11.1915] wurde hier auch prächtig gefeiert in der gut eingerichteten Kapelle des Lagers. ... Montag danach wurden wir durch den deutschen ... nach dem Friedhof geführt unter dem Gesang der Totenpsalmen. 2000 Soldaten nahmen an dem Zug teil, der aus Belgiern, Engländern, Franzosen und einigen Polen bestand. Auf dem gut unterhaltenen Friedhof zogen wir mit entblößtem Haupte vorbei an den 472 Gräbern, die alle ein schwarzes Kreuz trugen mit den Namen, Todestag, Regiment und Nationalität, geschrieben von den Überlebenden. Nach dem Zug hielt der Herr ... eine zu Herzen gehende Ansprache in Französisch und in Flämisch und las ein Bittgebet für den Frieden. Danach wurde vierstimmig "De profundis" gesungen, dabei sah man manche Träne in den Augen der Umstehenden blinken. Die bebenden Stimmen verklangen in der einsamen Landschaft und dem Heulen des kalten Nordwestwindes, nur das Gekrächse der Hunderte von Krähen und das Schreien der Wildgänse, die über uns hinwegzogen, begleitete unsere Trauermusik. Nachdenklich zogen wir in unser Quartier zurück und lagen dann stillschweigend und nachdenklich auf unserm harten Strohsack ausgestreckt. ..." (10).


Ansicht der Barackenkirche um 1915  Ansicht der Barackenkirche um 1916  Ansicht der Barackenkirche um 1917

Abb. 3. Ansichten der katholischen Barackenkirche von innen




Zu den Aufgaben der katholischen Feldseelsorge im Ersten Weltkrieg gehörte nicht nur die klassische Seelsorge mit der Spendung der Sakramente (Sterbenden, Verwundeten oder Kranken). Sie sorgten auch für eine ordnungsgemäße Beerdigung und benachrichtigten die Hinterbliebenen. Außerdem waren sie für die Abhaltung von Feldgottesdiensten zuständig - wo auch immer diese gefordert wurden. Häufig überbrachten sie den Soldaten auch Nachrichten und die sogenannten Liebesgabenpäckchen aus der Heimat, besorgten Zeitungen und Zeitschriften, Bibeln und religiöse Schriften sowie Lektüre zur Ablenkung und Erbauung der Soldaten.
Die Seelsorge innerhalb der Armee war aber dem Militär, nicht der Kirche unterstellt. Die Feldgeistlichen waren daher Militärbeamte im Offiziersrang und in die Befehlsstruktur der Armee fest eingebunden (11)


Feldgottesdienst  Feldgottesdienst

Abb. 4. Feldgottesdienste im 1. Weltkrieg

Im Angesicht des zunehmend massenhaften Sterbens wurden konfessionelle Beschränkungen zunehmend unbedeutender und oft nicht mehr wahrgenommen. Im alltäglichen Leben der Soldaten blieben jedoch die Gottesdienste konfessionell getrennt und per Truppenbefehl als Dienst angeordnet.
Auch wenn sich viele im Verlauf des Krieges enttäuscht von der Kirche abwandten, half die Gegenwart der Militärgeistlichen vielen anderen, die Belastungen des "Frontalltags" und die traumatischen Erlebnisse zumindest teilweise zu verarbeiten und ertragen zu können.

Max, Herzog zu Sachsen - eigentlich: Maximilian Wilhem August Albert Prinz zu Sachsen (* 17.11.1870, Dresden - † 12.01.1951, Freiburg / Üechtland) war ein sächsischer Prinz, katholischer Geistlicher, Gelehrter, Pazifist, Vegetarier und Förderer der Ökumene. Im Ersten Weltkrieg war er als Feld- und Lazarettgeistlicher an der Westfront in Belgien eingesetzt. Die Grausamkeit deutscher Soldaten, die er als Geistlicher in Belgien und Frankreich miterlebte, machte ihn zu einem leidenschaftlichen Kriegsgegner. Noch im Jahr 1916 schied er aus dem Militärdienst aus und blieb zur Seelsorge und zu Studien in Sachsen.
"Wenn Gott gerecht sei", sagte er einmal in privatem Rahmen, "müsse er die Deutschen angesichts ihrer Greueltaten den Krieg verlieren lassen". Das diese Äußerung ihm keine Freunde einbrachte war abzusehen. Weitergetragen, musste er sich vor dem wettinischen Hausgericht dafür verantworten und zur Strafe internierte man ihn im königlichen Jagdschloss Wermsdorf. Post und Besuchskontakte wurden überwacht, er durfte sich aber vergleichsweise frei bewegen (12).





Da auf Anfrage dem im Nebenamt die Militärseelsorge ausübenden Rostocker Pastors Wilhelm Leffers: von der Leitung des Lagers 1914 gemeldet wurde, dass mehrere Hundert Kriegsgefangene beichten wollten, zog er noch 4 Geistliche zur Aushilfe heran. Die Zahl der Kriegsgefangenen, die dann kamen, war jedoch gering.
In der Folgezeit besuchte der Rostocker Vikar Heinrich Hemeaaat jeden Donnerstag die Lazarette des Lagers und hielt nachmittags in Güstrow den Religionsunterricht für die Kinder der Gemeinde (13).


Ansicht der Barackenkirche  Ansicht der Barackenkirche  Innenansicht mit Betendem

Abb. 5. Ansichten der katholischen Barackenkirche von innen

Da die Zahl der Gefangenen immer mehr wuchs, beantragte der Rostocker Pastor Leffers beim Militär-Oberpfarrer Pawlicki (14) in Hannover die Anstellung eines Militärpfarrers im Lager.

Wilhelm Leffers  Heinrich Hemesaat

Abb. 6. Der Rostocker Pfarrer Wilhelm Leffers und sein Vikar Heinrich Hemesaat (der spätere 1. Pfarrer von Güstrow)

Als 1902 Pastor Leffers, zum Nachfolger von Pastor Brinkwirth zum, Pastor in Rostock ernannt wurde, war auch in Rostock noch keine eigentliche Kirche erbaut worden, sondern in dem von Pastor Brinkwirth gekauften Gasthof "Alte Flora" war der Saal als Kirche eingerichtet worden, während in den übrigen Räumen die Geistlichen wohnten. Als er dann seine Pfarrei einigermaßen kennengelernt hatte, sah er ein, dass nicht nur in Rostock, sondern auch in Güstrow eine Kirche gebaut werden müßte. Trotzdem der Kirchbau in Rostock noch nicht fertig war, sondern eben erst begonnen hatte, kaufte er schon im Jahre 1907 in Güstrow das an der Grünen Straße gelegene Grundstück 23-25 für 22.000 Mark, das nach dem Bebauungsplan der Stadt Güstrow einmal ein Eckgrundstück werden sollte und deshalb und weil es nicht weit vom Bahnhof lag - für den Kirchbau geeignet schien. Er sammelte nun in der Zukunft nicht nur für den Kirchbau in Rostock, sondern auch für den in Güstrow so eifrig, dass das Grundstück im Jahr l918 schuldenfrei war (15).

Der erste Militärpfarrer des Lagers in Güstrow hieß Beyer (Bayer) und wurde nach einigen Monaten wieder versetzt und durch Pater Johannes Fischer SCJ abgelöst (16).

Pfr. Beyer  im Gruppenbild 

Abb. 7. der erste Militärpfarrer des Lagers, Pfr. Beyer (rechts unten, der Adjudant des Lagerkommandanten Oblt. Lauenstein)

Pfarrer Beyer könnte aus dem Raum Aachen gekommen sein, denn die noch heute in der katholischen Kirche auf Blech gemalte Ikone "Unsere liebe Frau von der immerwährenden Hilfe" war ein Geschenk Aachener Christen für ihn als ersten Militärpfarrer des Lagers.

Johannes Fischer PA  Berning-Fischer  Johannes Fischer PA  Berning-Fischer  Johannes Fischer PA

Abb. 8. Militärpfarrer Johannes Fischer, 1914-1919

Pater Johannes Fischer SCJ war ein Herz-Jesu-Priester aus Sittard und arbeitete als Missionspfarrer in Südamerika. Während seines Urlaubes in Deutschland wurde er durch den Kriegsausbruch 1914 an der Heimreise nach Brasilien gehindert und arbeitete dann als Militär-Pfarrer bis zum Kriegsende im Lager Bockhorst.
Außer seinem Dienst half er auch in der Zivil-Seelsorge der katholischen Pfarrgemeinde mit, oder auch wenn Kranke zu versehen waren.
Er wohnte in dieser Zeit Güstrow bei der Familie von Kasimir Haertlé in der Neuen Straße 27a und feierte werktags im Wohnzimmer dort die hl. Messe. Als Sekretärin diente ihm im Lager Frau Elisabeth Passehl, die spätere Ordensschwester in Berlin (17).


Berning-Fischer

Abb. 9. Militärpfarrer Johannes Fischer beim Besuch des Erzbischofs Berning 1918 im Lager

Als der Bischof von Osnabrück, Dr. Wilhelm Berning (* 1877 - † 1955), im Jahr 1918 zur Firmung in Mecklenburg weilte, machte er von Rostock aus auch einen Besuch in Güstrow, besichtigte das Kirchengrundstück, den Dom und die Pfarrkirche und machte anschließend auch einen Besuch im Gefangenenlager auf der Bockhorst, wo er vom Lagerhauptmann und dem Militärpfarrer Fischer empfangen und geführt wurde.

Johannes Fischer PA  Johannes Fischer PA  Orden  Orden

Abb. 10. Militärpfarrer Johannes Fischer und seine Orden (rechts nachcoloriert)

Auf dem Bild trägt der Pater Fischer an 1. Stelle das Kreuz für Kriegshilfe (Königreich Preußen), an 2. Stelle das Militärverdienstkreuz II. Klasse für Nichtkämpfer (Mecklenburg-Schwerin). Dieses wurde ihm am 24. Dezember 1917 verliehen (18). An 3. Stelle trägt er die Rot-Kreuz-Medaille III. Klasse (Königreich Preußen) und zu guter letzt unterhalb der Spange das "Pro Ecclesia et Pontifice" - das Ehrenkreuz des Vatikans.
Ob Pater Fischer eine gewisse Affinität zu Orden gehabt hat, oder das Bild äter als die handschriftlich angegebene Jahreszahl auf dem Bild ist, kann nur vermutet werden. Ausgewiesen ist auf jeden Fall der 4. Mai 1919 - der Krieg also schon ein halbes Jahr beendet - und die lateinische Aufforderung " Oratione semper umili - Rede immer bescheiden ".
Um 1920 ist Pater Johannes Fischer dann wieder in das Missionsgebiet seines Ordens nach Brasilien zurückgekehrt (19).




Im Lager gab es aufgrund der zunehmenden Anzahl von russischen Kriegsgefangenen dann auch eine orthodoxe Kirchenbaracke. Regelmäßig kam ein Pope ins Lager und betreute seine Gläubigen vor Ort, feierte Gottesdienste und beerdigte die Verstorbenen.

Ansicht der Barackenkirche  Ansicht der Barackenkirche  Ansicht der Barackenkirche

Ansicht der Barackenkirche  183  Ansicht der Barackenkirche

Abb. 11. Ansichten der orthodoxen Barackenkirche im Lager

Das es im Güstrower Lager keine nachweisbaren muslimischen Bestattungen gab, lag an der bereits Anfang 1915 erfolgten Verlegung mohamedanischer, indischer und georgischer Kriegsgefangener in andere Lager. Am 3. Februar 1915 übermittelte Generalmajor Friedrich eine geheime Verfügung für "die Behandlung mohamedanischer, indischer und georgischer Kriegsgefangener, deren Unterbringung in besonderen Lagern bei Zossen unterm 21.1.1915, Nr. 231 / 1. 15 U 3 angeordnet worden ist", dem Stellvertretenden Generalkommando des Armeekorps.
Das sog. Halbmondlager bei Wünsdorf (an einem Weg zur Ortschaft Zehrensdorf) blieb Muslimen aus dem französischen Heer sowie - seit Frühjahr 1915 - indischen Kriegsgefangenen unterschiedlicher Konfession vorbehalten. So verschwanden auch die bei uns Amfangs noch inhaftierten Turbanträger - Muslime, Sikhs und Hindus - aus dem Lagerbild.


Im Güstrower Lager befanden sich aber auch bereits Ende 1914 zwischen 300 und 400 russische Juden. Aus diesem Grunde erhielt auch der Vorstand der örtlichen jüdischen Gemeinde von der Kommandantur des Lagers die Genehmigung dort erstmalig am Sabbat, dem 21. November 1914, einen Gottesdienst im Lager abzuhalten. Dieser fand in einem dafür bereitgestelltem leeren Zelt statt, welches von der Güstrower Gemeinde mit Thorarolle und anderen Ritualgegenständen ausgerüstet wurde. Von da an wurde es regelmäßig für weitere Feiern genutzt. Der hiesige Religionslehrer besuchte außerdem auch das Lager in der Folgezeit (20).

Ansicht des jüdischen Friedhofs  Ansicht des jüdischen Friedhofs  Ansicht des jüdischen Friedhofs  Ansicht des jüdischen Friedhofs

Abb. 12. Ansichten der jüdischen Friedhofskapelle und ihrer Beerdigungen außerhalb des Lagers

Außerdem durften die Kriegsgefangenen jüdischen Glaubens auf dem jüdischen Friedhof außerhalb des Lagers an der Chaussee nach Neukrug (ehemals Barbara Straße / Ecke Suckower Graben; heute: Neukruger Straße) beerdigt werden. Dieser bestand bereits seit 1804 "vor dem Mühlentor" (nachweislich ab 1877 an der Chaussee nach Neukrug] und erhielt nach dem Kauf des Grundstückes im Juli 1900 durch die jüdische Gemeinde 1910 eine eigene Friedhofskapelle (verbunden mit einer Wohnung für den Friedhofswärter) (21). Es waren vor allem russischstämmige Juden die hier beerdigt wurden.
Die letzte Beisetzung auf diesem Friedhof fand am 2. Dezember 1937 statt (Rosalie Engel, Reihe XI 1a). Am 28. April 1939 kam es, bis auf eine Restfläche, zum Verkauf des Friedhofsgeländes. Mit dem Erlös wurde es mehreren jüdischen Familien ermöglicht Güstrow noch rechtzeitig zu verlassen.
Da es nach 1945 in Güstrow keine jüdische Gemeinde mehr gab, fand 1948 eine Eigentumsübergabe an die jüdische Landesgemeinde Mecklenburgs statt, die diesen 1954 fast ganz verkaufte. Ein Teil des alten Friedhofs in Güstrow-Dettmannsdorf wurde 1985-1988 von der Stadtverwaltung (auch auf Betreiben des evang. Pastors und Kirchenhistorikers Karl Heinz Stüber) dann wiederhergestellt. Ein Gedenkstein erinnert von da an an die einstige jüdische Gemeinde der Stadt mit einer Inschrift:


" Der Faschismus hat die jüdischen Bürger unserer Stadt ausgerottet.
In Güstrow lebten 1933 118, 1941 nur noch 16 und 1945 keine Bürger jüdischen Glaubens mehr.
Am 9.11.1938 "Kristallnacht" wurde die Güstrower Synagoge in Krönchenhagen
ebenfalls ein Opfer des faschistischen Terrors.
Ihr opferreicher Weg ist uns mahnende Verpflichtung.
1988 
"






Da die Aufnahmefähigkeit des städtischen Friedhofes begrenzt war, und zudem mit vielen Todesfällen noch gerechnet wurde, musste im Lagerbereich ein eigener Friedhof für die Verstorbenen Kriegsgefangenen eingerichtet werden. Dazu beantragte die Kommandantur die Errichtung eines Begräbnisplatzes für die hier verstorbenen Kriegsgefangenen auf der nördlich im Lagerbereich befindlichen eiszeitlichen Sanddüne. Nach der Genehmigung wurde dort ein 105 x 75m großer Friedhof angelegt, von einem Zaun umgeben und an der Westseite ein hölzernes Eingangstor hatte.

   

Abb. 13. Ansichten vom Friedhof, der Franzose Albert Quentin und sein Grab

     


Bis zum Ende des Jahres 1914 waren allein 49 Katholiken im Güstrower Lager verstorben, Ende 1915 waren es bereits 472 Tote - davon 167 Katholiken. Nach dem Beerdigungsbuch der katholischen Militärpfarrer sind im Kriegsgefangenenlager in der Zeit vom 24. Oktober 1914 bis zum 28. März 1919 allein 303 katholische Beerdigungen erfolgt (22).

Der Friedhof des Güstrower Lagers besteht heute noch, obwohl sehr viele Kriegsgefangene nach 1919 exhumiert und in die Heimat überführt - oder wie z.B. 59 britische Tote um 1920 nach Hamburg-Ohlsdorf umgebettet - worden sind.
Nach dem Gesetz über die Erhaltung der Gräber der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft (Gräbergesetz) wird die Fürsorge für die Kriegsgräber im Inland vom Staat übernommen. Dieses Gesetz ist seit 1993 auch für die neuen Bundesländer gültig. Es sichert für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland das dauernde Ruherecht für alle Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft und überträgt die Zuständigkeit für Anlage, Pflege und Instandhaltung der Kriegsgräberstätten auf die Bundesländer. In Mecklenburg-Vorpommern nimmt das Innenministerium diese Aufgabe wahr. Die Kriegsgräberstätten sollen dabei den Charakter "mahnenden Gedenkens" tragen.


     

Abb. 14a. Auf dem Weg zum Friedhof

Wenn man sich aber den Zustand der Güstrower Anlage ansieht - KEINE Hinweisschilder auf und zum Friedhof, er selbst wird (wenn man ihn denn gefunden hat) nur gemäht und die Hauptwege grasfrei gehalten; das Denkmal zerfällt zusehends - kann man nur zu dem Schluss kommen, das dieses Gedenken dem Land nicht sehr viel wert ist. Außerdem empfinde ich es persönlich als geschmacklos, einen Schießplatz neben einen Kriegsgräberfriedhof zu bauen. Als möchte man die im Krieg Verstorbenen auch noch verhöhnen. Eigentlich eine Schande. Nein, es IST eine Schande!

     

Abb. 14b. Ansichten des Friedhofs nach 100 Jahren

   

Der Volksbund der deutschen Kriegsgräberfürsorge gibt die Anzahl der in Einzelgräbern bestatteten Kriegsgefangenen in Güstrow mit 2100 an. In einem Protokoll von 1984 erinnert sich der Theologe Prof. Dr. Holz aus Rostock, der im Rahmen des vaterländischen Hilfsdienstes im Kriegsgefangenenlager als Hilfsdolmetscher tätig war, auch daran, dass Kriegsgefangene hier zum Teil in Massengräbern begraben wurden.
Heute liegen - lt. Gedenkstein am Friedhof - noch immer 573 Russen, 150 Franzosen, 80 Deutsche, 64 Rumänen, 42 Italiener, 20 Belgier und 5 Polen auf dem Lagerfriedhof auf der Güstrower Bockhorst. Das sollte doch eigentlich einen ausreichenden Grund für ein ehrenvolleres Gedenken liefern!







"... Mit der wohlwollenden Zustimmung des Herrn General und Befehlshabers des Lagers [Oberst von Matheson] wurde eine Kommission eingerichtet unter dem Ehrenvorsitz des Herrn Dr. D. Syrgow, einem russischen Arzt, mit der Absicht, einen Gedenkstein aufzurichten für unsere verstorbenen Mitgefangenen. Dieses Commitee appellierte an die wohlwollende Freigebigkeit aller Gefangenen. Jeder Beitrag, und sei er auch noch so gering, soll mit Dank angenommen werden. Von der kommenden Woche [Mitte November 1915] an sollen die Spenden angenommen werden durch die Leiter des Belgischen Commitees. Außerdem kann man sich mit allen Vorschlägen an die beständigen Mitglieder wenden: Herr Lodewigk De Coninck, Baracke 91 N. und Dr. Victor Stroobants, Baracke 29 S. ... Dieser Aufruf hatte eine allgemeine Zustimmung im Lager und die Einnahme von 1.670 Mark erbracht. Das Denkmal soll hergestellt werden durch kriegsgefangene Bildhauer, die ihre Kunst kostenlos angeboten haben ... " (23).

Bildhauer  Bildhauer  Denkmal  Denkmal

Abb. 15. Französische und belgische Künstler schufen das Denkmal 1917/18

Bildhauer  Denkmal  Denkmal


Das Denkmal "Erinnerung für die im Lager verstorbenen Kriegsgefangenen" auf dem sogenannten "Franzosenfriedhof" (24) wurde 1917/18 von zwei französischen, zwei belgischen und einem australischen Künstler auf eigene Kosten aus Bremer Kalkstein selbst geschaffen.
Am 20. April 1918 wurde es in Anwesenheit des damaligen Reichskanzlers Graf Georg von Hertling (1843–1919), deutscher Militärs und ausländischer Abordnungen aus den Herkunftsländern, die hier auch Kränze zum Gedenken der Verstorbenen niedergelegt hatten, eingeweiht (25).


Der damalige Güstrower Bürgermeister Dr. Heydemann antworte dem Vater eines italienischen, hier verstorbenen Gefangenen am 27. Oktober 1927 auf dessen Anfrage: "Das hiesige Kriegsgefangenenlager ist sehr schön auf einem Hügel gelegen und wird stets gut und sauber gehalten. Es ist Sitte bei uns Deutschen, die Toten, auch wenn sie unsere Feinde gewesen sind, zu ehren und ihre Friedhöfe in gutem Zustande zu erhalten. ..." (26). Gehen Sie mal ruhig hin, und Sie werden sehen, was uns diese Sitte noch wert ist.

Habe ich mit dem Jubel zum Kriegsauszug begonnen, möchte ich auch etwas zum Ende sagen. Der Erste Weltkrieg forderte fast zehn Millionen Todesopfer und etwa 20 Millionen Verwundete unter den Soldaten. Die Anzahl der zivilen Opfer wird auf weitere sieben Millionen geschätzt.
Die Folgen der Niederlage werden aber in vieler Hinsicht erst später deutlich. Dem Deutschen Reich – ohnmä,chtig als Kriegsverlierer – wird als Reparationen eine horrende Summe von 269 Mrd. Goldmark auferlegt, die schon im ersten Zahlungsjahr die Gefahr des wirtschaftlichen Ruins befürchten ließ. Außen- und innenpolitisch wird die Einlösung dieser Kriegsschuld zum dominierenden Thema und endete mit der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten und ihrem verheerenden 2. Weltkrieg.




Im Jahr 1921 wurden die im aufgelösten Kriegsgefangenenlager noch stehenden Baracken ab 1. Juli mit Heimkehrern aus dem Osten belegt, die durch das Rote Kreuz betreut wurden. Es waren in erster Linie Flüchtlinge aus Posen / Westpreußen, aber auch aus dem Baltikum, die vor den Bolschewiken geflüchtet waren.
Direktor dieses Heimkehrerlagers wurde Wilhelm Tönse (* 5.3.1869, Bromberg - † 10.01.1948, Erbach im Odenwald). Er hatte seit 1916 im Lager als Dolmetscher für Russisch gearbeitet, wohnte seit 1922 im eigenen Haus in der Güstrower Nordstadt in Dettmansdorf und richtete im Lager die Werkstätten zum Mäbelbau (Schreinerei und Korbflechterei) ein (27).
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Abb. 16. Korbflechterei und Möbelbau im Heimkehrerlager 1921-1924

Die Zahl der Katholiken unter diesen Heimkehrern schwankte zwischen 37 und 94. Für die Kinder wurden zweimal in der Woche je 2 Stunden Religionsunterricht gegeben. Als dann unter den Lehrpersonen der Lagerschule ein katholischer Lehrer und eine katholische Lehrerin angestellt wurden, erhielt die Lehrerin, Fräulein Rauer, die "Missio Canonica" und erteilte in der Folge auch den Religionsunterricht. Für die Seelsorge des Lagers und die entstehenden Unkosten wurde vom Kommissar des Roten Kreuzes eine Vergütung gegeben.
Am 27. Dezember 1923 beschloss die Reichsregierung, alle Heimkehrerlager bis zum 1. März 1924 aufzulösen. Obwohl es in einem Schreiben des Reichskommissars für Zivilgefangene und Flüchtlinge vom 30. April 1924 heißt: "... die Auflösung der Heimkehrerlager soweit fortgeschritten ist, dass die endgültige Schließung aller Lager zum 31. Mai 1924 erfolgen kann", war die Auflösung des Güstrower Lagers erst am 1. Oktober 1924 beendet.




Bereits im Jahr 1914 war eine Skizze für den Bau der neuen katholischen Kirche in Güstrow fertiggestellt, als der ausbrechende Krieg diese Pläne vereitelte.
Nach Kriegsende beschloss die katholische Pfarrgemeinde 1919 eine der alten Militärbaracken des aufgelösten Gefangenlagers zu kaufen um sie in der Grünen Straße aufstellen zu lassen und bis zum Bau einer eigenen Kirche zu nutzen. Es war aber nicht die ursprüngliche Kirchenbaracke - die war zu baufällig.
Inzwischen, hatte aber die Geldentwertung eingesetzt. Die Baracke - 20 zu 10 Mtr. groß - wurde am 11. September 1919 für 2250 Mark von der Militärverwaltung gekauft. Abbruch und Aufbau verzögerten sich, da inzwischen in Güstrow ein Bauarbeiterstreik ausgebrochen war. Am 14. November wurde mit dem Abbruch im Gefangenenlager begonnen. Die Teuerung hatte inzwischen Fortschritte gemacht. Abbruch, Transport und Wiederaufbau kosteten 17451,83 Mark. Für die Ausstattung der Notkirche gab die Mutter-Pfarrei Rostock den in der alten "Flora" früher benutzten Altar, 6 Kirchenbänke, 2 lebensgroße holzgeschnitzte Figuren - Maria und Josef mit Sockel - sowie die bis zum Kirchbau in Rostock benutzte Kommunionbank. Als Seitenaltar wurde der in der Kirche des Gefangenenlagers benutzte Altar aufgestellt, mit dem Bild der "Immerwährenden Hilfe" (28). Auf der anderen Seite wurde ein Herz-Jesu-Altar errichtet.

In den letzten Tagen vor Weihnachten 1919 wurden die sich in der Schule befindlichen Sachen in die Baracke gebracht. Für die Beleuchtung wurden 2 Flur-Petroleumlampen angeschafft, die an den beiden Pfosten, die Decke und Dach trugen, angebracht wurden. Ein großer alter Kanonenofen, der aus feuerpolizeilichen Gründen mit einer eisernen Schutzwehr umgeben war, sorgte für die Erwärmung der Kirche. Rechts vom Ofen hing an einem Pfosten ein von Frau Timm gestiftetes altes Kruzifix.
Am 24. Dezember 1919 schmückte Vikar Hemesaat die Kirche mit Tannenbäumen und etwas Tannengrün aus. Die Wände waren ja noch das rohe Holz der Wachbaracke, an denen die Soldaten in ihren Mußestunden so manche Inschriften angebracht hatten.
Auch eine kleine Krippe wurde aufgestellt, dieselbe Krippe, die in Rostock bis zum Jahre 1909 immer den Katholiken das Weihnachtsgeheimnis dargestellt hatte(29).

Unbeschreiblich groß war die Freude der Güstrower Gemeinde, als nun am 1. Weihnachtstag der Weihnachtsgottesdienst in dieser Notkirche stattfand. Die Gläubigen eilten mit Laternen und Kerzen herbei, um bei der Dunkelheit doch dem Gottesdienst beiwohnen zu können. In einem freudigen Te Deum dankte die Gemeinde Gott dafür, dass nun der Gottesdienst in einem eigenen Kirchlein abgehalten werden konnte (30).


Angesichts der Einfachheit ihrer neuen Kirche mögen sich vielleicht einige an die Worte von Otto Rietmüller erinnert haben.

" Irdische Tempel braucht Gott nicht, Dome, die Meister erbauen.
Schatten sind sie von seinem Licht, welches kein Auge kann schauen ..."


Ansicht der Barackenkirche in der Grünen Strasse 1919   Ansicht der Barackenkirche in der Grünen Strasse 1919   Alte und Neue Kirche 1929

Abb. 17. Barackenkirche in der Grünen Straße

Auf die Eingabe des Pastor Leffers in Rostock, Vikar Hemesaat zum 1. Januar als Pastor in Güstrow anzustellen, erwiderte der Bischof, dass dieses erst zu Ostern möglich sei, da er z.Z. keinen Geistlichen habe, den er als Ersatz nach Rostock schicken könne.
So wurde der Gottesdienst in der Baracke vorläufig zweimal im Monat von Rostock aus gehalten. Zum 1. April 1920 erhielt dann Vikar Hemesaat in Rostock die Anstellung als Pastor der neugegründeten Gemeinde Güstrow, zu der nun die Amtsgerichtsbezirke Güstrow, Bützow und Krakow mit 168 Ortschaften gehörten (31).
Da die Inflation immer größer wurde - und Sachwerte darum immer größeren Wert bekamen - andererseits in der Notkirche leicht hatte eingebrochen werden können, wurden die Sachen meistens mit zum Pfarrhaus genommen und später auch das Allerheiligste Sakrament mit Erlaubnis des Bischofs still abends zum Pfarrhaus übertragen (32).


Inzwischen war die Gemeinde derart gewachsen, dass die Baracke nicht mehr ausreichte und der Bau einer Kirche immer dringender wurde.
Schon gleich nach Aufhören der Inflation, die ja ein Sammeln für den Kirchbau unmöglich machte, wurde für den Neubau gesammelt. Die Gemeindemitglieder zeichneten freudig ihre Spenden, und der eifrige Kaplan Fischer schickte mit Hilfe einiger Jünglinge "Bettelbriefe" in die Welt. 1925 und früher gingen ein: 4.594,37 Mark, 1926: 2.225,69 Mark. Als dann 1928 mit dem Kirchbau begonnen wurde, waren es rund 10.000 Mark.

Bevor nun mit dem Kirchbau begonnen wurde, wurde noch einmal ernst erwogen, ob nicht die Kirche an einer anderen Stelle in der Stadt erbaut werden dürfte. Als der Bischof Berning zur Firmung in Güstrow weilte, stellte der Stadtbaurat Richter dem Bischof vor, dass eventuell der Platz der abgebrannten Wollhalle für den Bau einer katholischen Kirche in Frage käme. Bei der Verhandlung über die Abtretung des Platzes an die kath. Kirchengemeinde entstanden aber Schwierigkeiten. Einmal war der Kaufpreis, den die Stadt verlangte, verhältnismäßig hoch, zum anderen wollte der Rat der Stadt erst dann eine Entscheidung darüber fällen, wenn der Platz für die neu zu erbauende Knabenschule festgelegt sei.
Auch war es nach Aussage des Bürgermeisters fraglich, ob die Bürgervertretung einem Verkauf dieses Grundstückes zustimmen würde. Darum wurde dieser Plan fallen gelassen. Ein anderer geeigneter Platz wäre das Gärtnereigrundstück des Herrn Hagemann, Ecke Hafen-Trotsche-Straße gewesen. Aber der Erwerb dieses Grundstücks hätte sehr hohe Kosten erfordert. Zudem ist der Baugrund noch sehr viel schlechter als der auf unserem Grundstück an der Grünen Straße. Darum wurde auch dieser Plan fallen, gelassen und der schon im Besitz der Kirchengemeinde an der Grünen Straße für den Kirchbau bestimmt (33).

Im Dezember 1928 wurde mit den Fundierungsarbeiten begonnen. Ein Grundpfeiler war fertig geworden, als der strenge Winter 1928/29 einsetzte, der erst im April 1929 erlaubte, die Arbeiten fortzusetzen. Nun wurden die Arbeiten gut gefördert. Sonntag für Sonntag konnte man die Gemeindemitglieder auf dem Bauplatz sehen, die mit großer Freude den Fortschritt der Arbeiten verfolgten.
Am 29. April 1929 erteilte der Hochwürdigste Herr Bischof Herrn Pfarrer Msgr. Brüx in Schwerin die Vollmacht, am 5. Mai 1929 den Grundstein der Kirche zu weihen und zu legen.
Die Kirchweihe fand dann am 25. August 1929 unter dem Titel der "Mariä Himmelfahrt" statt (34).

Die "Notkirche" wurde nach der Kirchweihe der Neuen Kirche am 25.8.1929 an die Firma Kasch (35) auf Abbruch verkauft mit der Auflage, aus den Brettern einen Zaun zu errichten, der die Stallgebä&ude des Grundstücks in der Grünen Straße von dem Kirchplatz abtrennte.





Quellen- und Literaturverzeichnis

Literaturverzeichnis


 - AKKG = Archiv der Katholischen Pfarrgemeinde Güstrow; diverse Archivunterlagen der katholischen Kirchengemeinde von Güstrow (z.B. Geburts- und Sterberegister, Celebrationsbuch 1924-2003, Aufzeichnungen der Geistlichen der Pfarrgemeinde etc.)
 - AKKG, Chronik der katholischen Kirchengemeinde von Güstrow 1226-1986, im AKKG
 - AKKG, UpKKG = unveröffentlichte Unterlagen zur Geschichte der katholischen Kirchengemeinde von Güstrow aus privaten Beständen, Anfragen, Zuschriften, Aufzeichnungen etc.
 - SBB, Staatsbibliothek zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz: Alter Realkatalog (ARK) 1501-1955 / Weltkrieg 1914 / WK 422 / KgFL Güstrow
 - StA = Stadtarchiv Güstrow: diverse Urkunden, Register, Gerichts-, Rats-, Protokoll-, Kämmerei-, Schoss- und Bruchbücher etc. der Stadt

 - Doegen, Wilhelm. Kriegsgefangene Völker. Bd. 1, Verlag für Politik und Wirtschaft, Berlin, 1921
 - Mastaler, Mathias. Chronik zur Geschichte der katholischen Kirche von Güstrow, 2004; unveröffentlicht, UpKKG
 - Mastaler, Wilhelm. Geschichte der katholischen Gemeinde von Güstrow, 2002; unveröffentlicht, UpKKG
 - Mastaler, Wilhelm. Erinnerungen, 2002; unveröffentlicht, UpKKG
 - Müller, Charlotte. Unvollendetes Tagebuch, 1996, unveröffentlicht, in privater Hand


 





Quellenverzeichnis

1    vgl. zu ihm: Burkard, Dominik. Joannes Baptista Sproll. Bischof im Widerstand (Mensch – Zeit – Geschichte), Stuttgart 2013
  - Während der NS-Zeit bezog Bischof Sproll (* 1870 - † 1949) öffentlich Stellung gegen das NS-Regime, seine Enthaltung bei der Volksabstimmung über den Anschluss Österreichs am 10. April 1938 führte zu einem Ermittlungsverfahren und zu der am 23. Juli 1938 erfolgten Vertreibung aus seiner Diözese (bis 1945).
  - Einer derjenigen die länger brauchten um die Katastrophe zu erahnen, war der Bischof Michael von Faulhaber aus Limburg. Er sagte zu Beginn des Ersten Weltkriegs noch: "Nach meiner Überzeugung wird dieser Feldzug ... für uns das Schulbeispiel eines gerechten Krieges werden." - Ob er dies zu Kriegsende auch noch dachte?

2    "Soll denn die zivilisierte Welt nur noch ein Leichenfeld sein? ... Soll das ruhmreiche und blühende Europa, wie von einem allgemeinen Wahnsinn fortgerissen, in den Abgrund rennen und Hand an sich selbst anlegen zum Selbstmord?" Mit diesen Worten richtete der Italiener Giacomo della Chiesa = Papst Benedikt XV. (* 1854 - &sagger; 22.1.1922) am 1. August 1917 einen glühenden Friedensappell an die kriegführenden Mächte - vergebens. Von da an wurde er als "Papst der Gegner" diffamiert. Für die Franzosen wurde er zum "pape boche", der deutsche General Ludendorff dagegen sprach nur noch vom "Franzosenpapst" und der deutsche Episkopat warnte in einem Hirtenbrief am 1. November 1917 vor einem Frieden "als Judaslohn für Treubruch und Verrat am Kaiser". Zu den Friedensverhandlungen in Versailles 1919 luden die Sieger den Vatikan erst gar nicht ein.
Als der Krieg endlich vorbei ist, steht Europa vor einem Trümmerhaufen, Angesichts der vielen Toten und der Zerstörung ist jede Euphorie verflogen. Sein weiteres Pontifikat nutzt Benedikt XV. dazu, die Wunden des Krieges zu heilen und in seiner Enzyklika "Pacem dei munus" kritisierte er den Versailler Friedensvertrag, der Deutschland und seinen Verbündeten die alleinige Kriegsschuld gab. Seiner Vorstellung nach könne dieser Vertrag nicht für einen dauerhaften Frieden sorgen - wie recht er damit hatte, hat die Geschichte dann aufgezeigt. 1920 sagte der Chefdiplomat des Heiligen Stuhls, der Kardinalstaatssekretär Gasparri: "Dieser sogenannte Friede von den Pariser Vorortverträgen wird nicht nur einen, sondern mindestens zehn Kriege im Gefolge haben."
Seine Friedensdoktrin jedoch wurde Vorbild für alle seine Nachfolger im Amt. Benedikt XVI. selbst berief sich bei seiner Namenswahl explizit auf diesen Friedenspapst.
  - vgl. zu den Friedensbemühungen a.: Umfrid, Otto. Der Wehrverein – eine Gefahr für das deutsche Volk, 1914
  - vgl. a.: Zum Beginn des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren. Erklärung des Pax Christi-Präsidenten Bischof Heinz Josef Algermissen, Fulda, vom 23.6.2014, Archiv des Katholischen Militärbischofs (AKMB)

3    Der Vatikan engagierte sich seit 1915 bei einem Austausch kriegsdienstunfähiger Gefangener über die neutrale Schweiz, bei der Freilassung von Kriegsgefangenen, man bemühte sich um den Austausch von Zivilinternierten und verbrachte Verwundete zur Genesung in neutrale Länder. Nicht zuletzt setzte der Vatikan finanzielle Mittel zur humanitären Hilfe ein.

4    Auszug aus dem Tagebuch von Louis Barthas; Der Fassmacher und überzeugte Gewerkschafter Louis Barthas lebt im Südwesten Frankreichs. Als der Krieg ausbricht, wird der 35-Jährige als Reservist zum Militär eingezogen. Im Verlauf des Krieges kämpft er als Korporal bei Lorette, vor Verdun, an der Somme und in den Argonnen. aus: http://www.14-tagebuecher.de/

5    Das dem IX. Armeekorps zugeordnete Kriegsgefangenenlager auf der "Großen Bockhorst" war ein reines Mannschaftslager mit der Bezeichnung IX. A.-K. (27-04/402). Die Kapazität des Lagers mit einer Größe von 300 Morgen [etwa 195 Hektar oder 1,95 km²] war anfangs schon mit 10.000 Plätzen bestimmt worden. Im weiteren Verlauf des Krieges war eine Belegung bis zu 25.000 Gefangenen geplant und auch möglich gewesen. Ob es aber wirklich jemals voll belegt war, ist ziemlich unwahrscheinlich, da sich durch zahlreiche "Aussenstellen" die Belegung des Lagers immer wieder änderte. Im Jahr 1915 war das Lager bereits mit ca. 12.000 internierten Soldaten und 4.000 Zivilisten angegeben.
Im Abschlussbericht der belgischen Generalversammlung (Oeuvre d`Assistance aux Prisonniers Belges en Allemagne) vom 10. Oktober 1918 wird die Zahl der in Güstrow und seinen "Kommandos" (Labor Detachemente) internierten Kriegsgefangenen mit 67.785 - mit mindestens 11 Nationalitäten angegeben. Wenn man sich die damalige Bevölkerungszahl von Güstrow im Jahr 1919 mit 19.810 Einwohnern vor Augen führt, war das Lager geradezu eine "Stadt" vor der Stadt.

6    MHZA, F.2003, op.11,d.546, Bl.95, 111 [zu den katastrophalen Anfangsbedingungen im Lager]; vgl. dazu: Strazhas, Abba. Deutsche Ostpolitik im Ersten Weltkrieg: der Fall Ober Ost [Oberbefehlshabers Ost] 1915-1917, Otto Harrassowitz Verlag, 1993, S. 25

7    Diese Glocke läutete noch bis 2014 in der katholischen Kirche in der Grünen Straße zum Gottesdienst (heute hinten rechs in der Kirche).
  - Gussstahlglocke der BVG, im Bochumer Verein für Bergbau und Gussstahlfabrikation 1914 hergestellt; Inschrift auf der Aussenseite der Glocke: B.V.G.1914., im Inneren die Guss-Nr.: 3851; Ausführung in der sogenannten Untermollsext-Rippe (der Unterton der Glocke steht zum Schlagton im Verhältnis zu einer Moll-Sexte), der Schlagton ist wahrscheinlich ein zweifachgestrichenes g (g¨); geläutet wurde sie mittels Seilzug; Außendurchmesser = 510 mm, Innendurchmesser = 495 mm, Glockenhöhe = 430 mm (ohne Krone, 510 mm mit Krone), Gewicht ca. 75kg

8    lat. Angelus = Engel des Herrn, ein Gebet das morgens, mittags und abends verrichtet wird. Es ist benannt nach seinen ersten Worten: "Angelus Domini nuntiavit Mariæ ... - Der Engel des Herrn brachte Maria die Botschaft, und sie empfing vom Heiligen Geist" [Lk 1,28–35].
Das Angelusläuten entwickelte sich vom ersten abendlichen Läuten (um 18.00 Uhr) der Franziskaner im 13. Jh. zum zusätzlichen morgendlichen Läuten im 14. Jh. und dem mittäglichen im 16. Jh. (um 12.00 Uhr). Dabei wird das Angelusgebet gebetet und damit der Menschwerdung Christi gedacht.

9    "den eucharistischen Heiland in ihrer Mitte" = Die Aufbewahrung bereits geweihter Hostien (lat. Reliqua sacramenti = Überbleibsel des Sakraments) erfolgt im sog. Tabernakel (lat. tabernaculum = Hütte, Zelt). Dieser wird daher auch als "Sitz des eucharistischen Heilandes" bezeichnet, da in ihm die in der Wandlung (Konsekration) entstandene "wahrhafte und fortdauernde Realpräsenz Christi" aufbewahrt wird. Daher brennt dort auch ständig das rote - sog. "Ewige Licht".
Die Aufbewahrung und Verehrung der Eucharistie - des Altarsakramentes - ist bereits seit dem 10. Jh. im Codex Iuris Canonici detailliert geregelt.

10    Auszug aus dem Tagebuch des flämischen Serganten Oscar S. Depraet über seinen Aufenthalt im Güstrower Kriegsgefangenenlager auf der Bockhorst vom 20. Juni bis 26. November 1915; Original in der Stadtbibliothek Gent, Berichte von in Güstrow internierten Belgiern (Briefwechsel zwischen Jacques De Vos aus Brugge (St.Kruis) und W. Mastaler 1997, übersetzt aus dem flämischen Original von Wilhelm Mastaler am 29.7.1997)


11    Die Akten der Preußischen Feldpropstei, die sich im Heeresarchiv in Potsdam befanden, wurden im 2. Weltkrieg komplett vernichtet. Die Katholische Militärseelsorge vor 1920 kann daher nur noch aus Aktensplittern einzelner Garnisonen bzw. Standorte und Überlieferungen aus kirchlichen Archiven dokumentiert werden.

12    vgl. Iso Baumer: Max von Sachsen. Prinz und Prophet, Priester und Professor, 3. Bde. Freiburg (Schweiz) 1990–1996

13    Eintrag in der Chronik der Katholischen Pfarrgemeinde Güstrow 1226-1986, AKKG

14    Dr. theol. Bernhard Pawlicki (* 17.08.1868, Preußisch-Stargard - † 01.07.1946, Kiel); ab 1902 als Divisionspfarrer der 17.ID. des IX. Armeekorps in Altona; 1920 als Divisionspfarrer in Hannover; 1922-1940 als Wehrkreispfarrer VI in Münster; 1924 sollte er trotz untadeligen priesterlichen Lebenswandel wegen "Unfähigkeit im Umgang mit Soldaten" Münster verlassen; ab 1940 Pfr. i.R. in Kiel; aus: Biograph.-Lexikon der Kath. Militärseelsorge Deutschlands, S.598

15    Eintrag in der Chronik der Katholischen Pfarrgemeinde Güstrow 1226-1986, AKKG; vgl. a. Güstrower Zeitung vom 6.8.1918, 103. Jahrgang, Nr. 180

16    Wer genau sich hinter dem Namen Beyer oder Bayer verbirgt ist ungewiss. Es könnte aber der Militärpfarrer Georg Beyer SJ (* 1878 - † 1932) sein.
  - BAYER lt. Eintragung in der Chronik der Katholischen Pfarrgemeinde Güstrow 1226-1986, AKKG
  - BEYER nach einer Bildbeschriftung im o.g. Sammelalbum von Friedrich Wilhelm Tönse
  - möglicherweise: Georg Beyer SJ (* 02.03.1878, Gleiwitz / Schlesien - † 28.10.1932, Breslau), Priesterweihe am 25.08.1912 in Valkenburg; 28.09.1897 Eintritt in die Gesellschaft Jesu; vor 1914 als Seelsorger in Emmerich; im 1.WK: Feldgeistlicher; 1917 als Seelsorger der in der Schweiz internierten katholischen deutschen Soldaten; vgl. a. Biograph.-Lexikon der Kath. Militärseelsorge Deutschlands, S.70

  Militärpfarrer Pater Johannes Fischer SJC (= Congregatio Sacerdotum a sacro Corde Jesu, * 1878 - † 1954), mindestens vom 08.10.1916 - 28.03.1919 als Militärseelsorger im Kriegsgefangenenlager auf der Güstrower Bockhorst
  - Militärpfarrer md. vom 08.10.1916 - 28.03.1919; Johannes Christophorus Fischer SCJ (* 08.09.1878, Nettersheim / Eifel - † 13.08.1954 Taubaté / Brasilien), ein Herz-Jesu-Priester aus Sittard / Niederlande, Missionar der weißen Väter (PA = Patres Albi) in Brasilien; Priesterweihe am 25.07.1908 in Luxemburg; 23.09.1903 Profeß in Sittard / Niederlande; Seelsorger in Brasilien; 1920 Rückkehr als Missionar nach Brasilien (Südbrasilianische Ordensprovinz BM); 1938 bis 1940 als Rektor in Corupà, vgl. Biographisches Lexikon der Katholischen Militärseelsorge Deutschlands 1848-1945. Hrsg. von Brandt, Hans-Jürgen / Hä:ger, Peter. Bonifatius Verlag Paderborn 2002, S.204

17    am 16.07.1946 legte sie ihr Ordensgelübte in Heiligenstadt ab

18    LHAS, Staatsministerium Ordenskanzlei 5.12-1/1 Nr.919: Ausarbeitung von Frank Heinrich; Herzlichen Dank an Frank Heinrich für die Auskünfte dazu.

19    Eintrag in der Chronik der Katholischen Pfarrgemeinde Güstrow 1226-1986, AKKG

20    AZL, Allgemeine Zeitung des Judentums. 79.Jahrgang Nr.1, Berlin, 01.01.1915, Beilage "Der Gemeindebote" S.3; online: http://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/cm/periodical/titleinfo/3229179

21    Die Kapelle konnte durch eine Spende (10.000 Mark) des jüdischen Viehändlers August Cohn (* 16.05.1838 - † 15.11.1908) und seiner Frau Sophie (geborene Frank) am 14. November 1910 eingeweiht werden. Zum Gedenken an diese großzügige Spende wurde gegenüber der Kanzel eine Marmortafel mit Inschrift angebracht. Die Trauerhalle fiel dann in der Nacht vom 9./10. November 1938 (wie auch die Synagoge) der Zerstörungswut der Nationalsozialisten zum Opfer. Obwohl nur leicht durch den Brand beschädigt, wurde sie vollkommen abgetragen.
  - Obwohl er mit seiner Frau 1904 nach Berlin verzog, vergaß er seine Heimatstadt Güstrow nicht und spendete immer wieder größere Summen. Zu seinem 70.Geburtstag überwies er der Güstrower Armenkasse so eine Spende, die an 30 bedürftige Witwen, ohne Ansehen der Religion verteilt werden sollte. Zusätzlich erhielten zwei jüdische Witwen ein Geldgeschenk. Seine Großzügigkeit spiegelte sich auch in seinem Testament wieder. Er verfügte in seinem letzten Willen 1906, dass nach seinem Tode der "Güstrower Hilfsverein" 18.000 Mark erhalten sollte. Dieses Geld war für den Bau, die Erweiterung oder die Erhaltung des Güstrower Altenheimes in der Schnoienstrasse 11/12 bestimmt (1910 konnte dadurch der Anbau eingeweiht werden). Das Geld durfte auch für die Aufnahme von Alten ohne Unterschied der Konfession verwandt werden. Der Stadt vermachte er ausserdem 10.000 Mark zum Ankauf von Güstrower Stadtanleihpapieren. Die Zinsen dieses Kapitals sollten jährlich an seinem Geburtstag unter hiesigen Armen verteilt werden. Das Grundkapital sollte dann nach 25 Jahren an die Erben zurückfallen (ob das allerdings je geschehen ist, kann nicht mehr nachvollzogen werden).
  - August Cohn verstirbt am 15. November 1908 in Berlin-Charlottenburg. Seine Überführung und Bestattung in Güstrow erfolgte am 18. November 1908 (Grabstelle Reihe IV Nr 22).

22    Eintrag in der Chronik der Katholischen Pfarrgemeinde Güstrow 1226-1986, AKKG

23    Auszug aus dem Tagebuch des flämischen Serganten Oscar S. Depraet über seinen Aufenthalt im Güstrower Kriegsgefangenenlager auf der Bockhorst vom 20. Juni bis 26. November 1915; Original in der Stadtbibliothek Gent, Berichte von in Güstrow internierten Belgiern (Briefwechsel zwischen Jacques De Vos aus Brugge (St. Kruis) und W. Mastaler 1997, übersetzt aus dem flämischen Original von Wilhelm Mastaler am 29.7.1997)
&nbdp; - Oscar S. Depraet war Mitgründer und Schriftführer im Vorstand des flämischen Gesangvereins im Lager (dieser hatte 8 Tage nach der Gründung bereits 173 eingeschriebene Mitglieder; unter diesen auch der Orchestermeister der Scala de Parys Mo. Marc de Rance, der alle Sonntage abends oder nachmittags ein Konzert gab - der Erlös dieser Konzerte kam den notleidenden oder kranken Soldaten im Lazarett zugute)
&nbdp; - enthält u.a. auch: Oeuvre d`Assistance aux Prisonniers Belges en Allemagne! - Berichte der Belgischen Generalversammlung vom 26.2.1916, 9.12.1916, 1917 und den Schlussbericht von 1919; sowie Einzelberichte zu Ereignissen und Gegebenheiten im Güstrower Lager bis hin zur Abreise der Belgier aus Güstrow

24    Der Name kam wsl. wegen der vielen verstorbenen und hier bestatteten Franzosen aus der Anfangszeit des Lagers zustande. vgl. Sterbebuch der Militärpfarrer 1914-1919, AKKG

25    Georg Graf von Hertling war während des Ersten Weltkrieges vom 1. Oktober 1917 [Ernennung durch Kaiser Wilhelm II.] bis zum 30. September 1918 Reichskanzler des deutschen Kaiserreichs. Der 74jährige wurde Nachfolger von Georg Michaelis, der am 24. Oktober seinen Rücktritt eingereicht hatte.
Der Einweihung am 20. April 1918 um 11.00 Uhr wohnten Delegationen aus Frankreich, Belgien, Russland, Italien und aus anderen Ländern bei, aber auch Vertreter des deutschen Militärs. In einem Zeitungsbericht vom 22. April 1918 [Güstrower Zeitung] heißt es dazu: "Eine stumme Figur schaut fortan sehnsüchtig dem Morgenrot einer neuen, besseren Zeit, der Friedenszeit entgegen - das trauernde Weib an seiner Seite wird auf lange hinaus noch weiter klagen." [aus: Artikel in der SVZ vom 12.2.1992: "Es ist Sitte bei uns, die Toten zu ehren!", von Dirk Burchard]

26    Artikel in der SVZ vom 12.2.1992: "Es ist Sitte bei uns, die Toten zu ehren!", von Dirk Burchard

27    Müller, Charlotte [geb. Tönse]. Unvollendetes Tagebuch, 1996; Ein Dankeschön an Tom Pilz für die Informationen dazu.

28    Diesen Altar hatte der erste Militärpfarrer [Pfr. Beyer] des Gefangenenlagers aus Aachen geschenkt bekommen. Eintrag in der Chronik der Katholischen Pfarrgemeinde Güstrow 1226-1986, AKKG

29    Eintrag in der Chronik der Katholischen Pfarrgemeinde Güstrow 1226-1986, AKKG

30    Eintrag in der Chronik der Katholischen Pfarrgemeinde Güstrow 1226-1986, AKKG

31    Eintrag in der Chronik der Katholischen Pfarrgemeinde Güstrow 1226-1986, AKKG

32    Eintrag in der Chronik der Katholischen Pfarrgemeinde Güstrow 1226-1986, AKKG

33    Eintrag in der Chronik der Katholischen Pfarrgemeinde Güstrow 1226-1986, AKKG

34    StA, Mecklenburgische Tageszeitung Nr. 199, vom 27.8.1929, "Einweihung der katholischen Marienkirche in Güstrow"

35    Maurer- & Baumeister Wilhelm Kasch; Baugeschäft: Maurerei - Zimmerei - Zementwarenfabrik, Otto Martens Nachfolger; Zementwarenfabrik und Kontor in der Feld-/ Tivolistraße 38-39 (B II 42A); Privatwohnung in der Trotschestraße 14, Tel. 2434 [Angaben aus dem Adressbuch der Stadt Güstrow 1935]
  - Die Firma Kasch führte die Maurerarbeiten am Kirchenbau der katholischen Kirche in der Grünen Straße 1928-29 aus. vgl. d. AKKG, Chronik der Katholischen Pfarrgemeinde Güstrow 1226-1986


 





Verzeichnis der Abbildungen

Abb. 1  Ansichten des Güstrower Lagers im Wandel der Zeit 1915-1919, Fotos aus privater Hand, "Album Militärpfarrer J. Fischer"

Abb. 2  Ansichten der katholischen Barackenkirche von außen, Fotos aus privater Hand, "Album Militärpfarrer J. Fischer"

Abb. 3  Ansichten der katholischen Barackenkirche von innen, Fotos aus privater Hand, "Album Militärpfarrer J. Fischer"

Abb. 4  Feldgottesdienste im 1. Weltkrieg: Links: Feldmesse vor der Schlacht, östlicher Kriegsschauplatz. Feldpostkarte / rechts: Feldgottesdienst in Frankreich, Archiv des Katholischen Militärbischofs (AKMB)

Abb. 5  Ansichten der katholischen Barackenkirche von innen, Fotos aus privater Hand, "Album Militärpfarrer J. Fischer"

Abb. 6  Der Rostocker Pfarrer Wilhelm Leffers und sein Vikar Heinrich Hemesaat (der spätere 1.Pfr. in Güstrow), Foto: AKKG

Abb. 7  der erste Militärpfarrer des Lagers, Pfr. Beyer (Bayer) (rechts mit dem Adjudanten Oblt. Lauenstein), um 1915 / 1916; er war nur für wenige Monate im Lager; Foto: Thomas Pilz (www.guestrow-history.de), aus dem Sammelalbum von Friedrich Wilhelm Tönse (* 5.3.1869, Bromberg - † 10.1.1948, Erbach im Odenwald), ab 1916 als Dolmetscher im KGFL Güstrow tätig
Bild rechts: eine auf Blech gemalte Ikone "Unsere liebe Frau von der immerwährenden Hilfe" aus der katholischen Kirche von Güstrow. Sie war ein Geschenk Aachener Christen für den 1. Militärpfarrer (Beyer) des Kriegsgefangenenlagers auf der Güstrower Bockhorst 1915. Sie ist eine Kopie der ursprünglich in der römischen Kirche des hl. Apostels Matthäus (sie lag zwischen der Basilika St. Maria Maggiore und der Lateranbasilika) befindlichen Ikone aus dem 14. Jahrhundert.

Abb. 8  Militärpfarrer Johannes Fischer im Kriegsgefangenenlager Güstrow, Fotos aus privater Hand "Album J. Fischer"
2tes Bild von links: Militärpfarrer Fischer mit seiner Begleitung auf seinem Rundgang durchs Lager
3tes Bild von links: Militärpfarrer Fischer in seinem Büro im Kriegsgefangenenlager Güstrow
2tes Bild von rechts: Militärpfarrer Fischer zusammen mit Kriegsgefangenen
Bild rechts: Militärpfarrer Johannes Fischer um 1917

Abb. 9  Besuch des Osnabrücker Erzbischofs W. Berning 1918 im Lager; Foto aus privater Hand "Album J. Fischer"

Abb. 10  Militärpfarrer Johannes Fischer mit Orden, Foto im Privatbesitz MM; Handschriftlich " Oratione semper umili - Rede immer bescheiden " und " IV / V 19 - 4.4.1919 ", auf der Rückseite mit Angaben: ch 8532, "EKA"
An 1. Stelle trägt er das Kreuz für Kriegshilfe (Königreich Preußen), an 2. Stelle das Militärverdienstkreuz II. Klasse für Nichtkämpfer (Mecklenburg-Schwerin), an 3. Stelle die Rot-Kreuz-Medaille III. Klasse (Königreich Preußen) und zu guter letzt unterhalb der Spange das Ehrenkreuz Pro Ecclesia et Pontifice Kreuz (lat. Für Kirche und Papst) des Vatikans. Herzlichen Dank an F. Heinrich, Schwerin für die Auskunft dazu.
  - Das Kreuz für Kriegshilfe im Königreich Preußen wurde am 5. Dezember 1916 durch Kaiser Wilhelm II gestiftet. Es hatte 8 spitze Ecken und eine Vorder- und Rückseite mit rundem Mittelmedaillon. Auf der Vorderseite die 3 zeilige Schrift: FÜR / KRIEGS / HILFSDIENST und unten 2 gebundene Eichenlaubzweige. Auf der Rückseite im Mittelschild die verschnörkelten Buchstaben: W und R, darüber eine Krone. Getragen wurde der Orden aus Zink (seltener aus Aluminium oder Silber) am Band mit roten Rändern und mittig abwechselnd 6 schwarze und 5 weiße Streifen.
  - Das Militärverdienstkreuz für Nichtkämpfer für Mecklenburg-Schwerin wurde von Großherzog Friedrich Franz II. gestiftet. Es bestand aus 2 Klassen und wurde erstmals 1870 auch für Verdienste verliehen, die nicht unmittelbar vor dem Feind erworben wurden. Hierzu mussten die Kreuze am roten Band (Seitenstreifen gelb/hellblau, Mittelstreifen rot) des Hausordens der wendischen Krone getragen werden und zeigten auf der Vorderseite die Schrift: FÜR AUSZEICHNUNG IM KRIEGE. Auf der Rückseite: auf den Kreuzarmen oben: eine Krone, unten: 1870, in der Mitte: FF.
  - Die Rote Kreuz Medaille für das Königreich Preußen wurde in 3 Klassen gestiftet. Die 1. Klasse war ein Kreuz, die 2. und 3. Klasse eine Medaille in Silber bzw. in Bronze. Verliehen wurde die Auszeichnung an verdiente Personen die sich durch mehrjährige Tätigkeit oder hervorragende Handlungen um das Rote Kreuz verdient gemacht haben. Als Voraussetzung zum Erlangen einer höheren Klasse war der Besitz der niederen Klasse. In den Ecken des Genfer Kreuzes die Buchstaben oben links: W, oben rechts: R, unten links: A, unten rechts: V (für die Stifter Kaiser Wilhelm [W R(ex)] und seine Frau Auguste Victoria [A V]). Auf der Rückseite halbrund geschwungen ein Eichenlaubzweig und in vier Zeilen die Schrift: FUER / VERDIENSTE / UM DAS / ROTHE KREUZ.
  - Das Verdienstkreuz "Pro Ecclesia et Pontifice" gab es in den Stufen Gold und Silber (später kam noch Bronze hinzu). Papst Pius X. reduzierte jedoch 1908 die Stufenzahl auf eine (Gold), so dass man davon ausgehen kann, das auch sein Orden in der Ausführung Gold war. Auf der älteren Version bis 1970 zeigt es auf der Vorderseite das Porträt des Stifters Papst Leo XIII. von fleurs-de-lis hinterfangen und in der Mitte Kreuzarme, auf denen sich Kometen befinden. Die Inschrift zeigt: Leo[ne] XIII P[ontifice] M[aximo] Ann[o] X und verweist auf die Stiftung im zehnten Jahr seines Pontifikats. Auf der Rückseite zentral das Wappen des Heiligen Stuhls mit der Inschrift: PRO ECCLESIA ET PONTIFICE. Auf den Kreuzarmen befinden sich die Wörter Prid[ie], Cal[culatio], Ian[uar] und unten die Jahreszahl 1888. Das Ehrenzeichen hing an einem roten Band, das an den Rändern von dunkelgelb durchzogenen weißen Bändern durchbrochen wurde. Das Ehrenkreuz kann an Laien, Ordensleute und Diakone verliehen werden, die besonderen haupt- oder ehrenamtlichen Dienst für die Kirche geleistet haben, der über die berufliche bzw. amtliche Pflicht hinausging. Das seine Tätigkeit als "Militärpfarrer wider Willen" für die Zeit des Ersten Weltkrieges diese Anforderung erfüllt hat, ist einzusehen.

Abb. 11  Ansichten der orthodoxen Barackenkirche im Lager, Fotos aus privater Hand, "Album Militärpfarrer J. Fischer"

Abb. 12  Ansichten vom jüdischen Friedhof an der Chaussee nach Neukrug [heutige Neukruger Straße]
  - Der Entwurf der Kapelle stammte von dem Architekten Busch aus Wismar, ausgeführt wurde der Bau von der Firma Feine aus Güstrow. Die Kapelle, verbunden mit einer Wohnung für den Friedhofswärter, wurde am 14. November 1910 feierlich eingeweiht.
Sie fiel durch Brandstiftung in der Nacht vom 9./10. November 1938 (wie auch die am 28.9.1829 eingeweihte III. Synagoge) der Zerstörungswut der Nationalsozialisten zum Opfer. Obwohl nur leicht durch den Brand beschädigt, wurde sie später vollkommen abgetragen.

Abb. 13  Ansichten vom Friedhof, Fotos aus privater Hand, Bild links oben (Ansicht von Außen mit Blick auf die Geschützstellung) aus dem "Album Dolmetscher W. Tönse", alle weiteren aus dem "Album Militärpfarrer J. Fischer"
Beerdigung durch Vikar Heinrich Hemesaat um 1915; Ansichten und Grabstelle des am 8. August 1917 verstorbenen Franzosen Albert Quentin (* 8.6.1890), Soldat im 101. Infanterieregiment aus Couesmes / Mayenne

Abb. 14a  Auf dem Weg zum Friedhof, Fotos: MM (2007/2012)

Abb. 14b   Ansichten des Friedhofs nach 100 Jahren, Fotos: MM (2007-2012); Luftbildaufnahmen von Henrik Luther, 12.4.2014 (rechts der Schiessplatz); Herzlichen Dank an Herr Luther.

Abb. 15  Zwei Franzosen und Belgier sowie ein Australier schufen das Denkmal 1917/18
Bild oben links: Französischer Bildhauer aus dem "Album Dolmetscher W. Tönse", auch in: Doegen, Wilhelm. Kriegsgefangene Völker. Bd. 1, Verlag für Politik und Wirtschaft, Berlin, 1921, Tafel 58, S.256
2tes Bild oben (von links): vorne die beiden französischen Bildhauer [vorne links = Gérard Camerlinck vom 3´ BCP (3. Infanterie-Bataillon zu Fuß), im November 1914 in der Schlacht von Monte Kemmel gefangen genommen], hinten rechts der Australier.
Bild unten links: Einweihung des Denkmals am 20. April 1918 durch den damaligen Reichskanzlers Graf Georg von Hertling, Foto aus dem "Album Dolmetscher W. Tönse" Sonstige Fotos: aus privater Hand und dem "Album Militärpfarrer J. Fischer"

Abb. 16  Korbflechterei und Möbelbau im Heimkehrerlager 1921-1924; Fotos aus dem "Album Dolmetscher Wilhelm Tönse", Ein Dankeschön an Tom Pilz.

Abb. 17  Barackenkirche in der Grünen Straße am 22. Dezember 1919, Fotoarchiv Katholische Kirche Güstrow, AKKG

 

 




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